"Wer ist wie Gott?" Aus gutem Grund als Frage formuliert, denn niemals würde sich Michael selbst als gottgleich bezeichnen. Durch und durch recht schaffend, wird er als einer der stärksten Engel verehrt. Patron der Soldaten und Krieger und Drachentöter. Schweren Herzens verstieß er Adam und Eva aus Eden und bewachte fortan den Garten, auf das sie nicht mehr zurückkehren sollten. Gottes Ruf verteidigt er mit eisernem Verstand - Gottes Entscheidungen werden selten von ihm hinterfragt, jedoch tat er es ab und an. Wenn er es tat, hatte er stets einen guten Grund und Michael gab ihm oft nicht das, was er wollte - sondern das, was er brauchte. Die Aufgabe der Erzengel war es stets mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. So war er dagegen, Samael zu verstoßen jedoch lies sich seine Meinung leicht überstimmen und mit der Zeit stand er sogar hinter dieser Entscheidung. Und doch vermisste er seinen Bruder aufs Innigste. Er lies es zu, das er sich Gedanken über mögliche andere Ausgänge der Situation machte und wies sich selbst an, nicht zu zweifeln dabei. Es ist wohl eher eine Sehnsucht, die unerfüllt blieb und die durch nichts in der Welt gestillt werden konnte, außer vielleicht durch die Gesellschaft seiner anderen Brüder, die ihm durch seinen Kummer und sein schweres Herz halfen. Natürlich insbesondere Raphael zu dem Michael eine besondere Verbindung hatte.

Als Gabriel auf die Erde ging, um Gottes Werk zu verrichten, war Michael abermals dagegen. Geplagt von den Gedanken um Samael und eine eventuelle Wiederholung des Falls, entschied er sich dazu Gabriel bei seinem Vorhaben nicht zu unterstützen. Und wie schon oft sollte er Recht behalten. Das Gleichgewicht geriet ins schwanken und Gabriel war der Auslöser dafür. Dann verlor er einen zweiten Bruder, der nun als Mensch auf Erden wandelte und nie wieder zurückkommen konnte. Er hatte seinen Schutz verloren und seine Fähigkeiten, durch sein eigenes Handeln. Das verletzte Michael zutiefst. Eine überreaktive Entscheidung, von denen die Anderen ihn abhielten, war das er selbst zur Erde gehen würde, um Gabriel wiederzusehen. Noch ein Familienmitglied zu verlieren ohne ein letztes Wort und ohne einen Abschied auszusprechen würde er nicht verkraften - so fürchtete er. Er lies sich abermals überzeugen und tat nichts, bis auf seine himmlischen Pflichten. Er wurde nachdenklich mit der Zeit, schottete sich ein wenig mehr ab von den Anderen und ging gern alleine. Zwiegestalten hatte er sich nie erlebt, niemals. Und doch schlichen sich diese Gedanken in seinen Kopf und brachten ihn förmlich zum rauchen. Er fragte sich, ob Gabriel dasselbe verspürt hatte kurz bevor er auf die Erde gegangen ist. Unreinheit hatte sich auf der Erde in Gabriels Herzen ausgebreitet - würde ihm selbst das dort unten auch passieren?

Wir waren schon an Gottes Seite, als Samael noch bei uns war. Wir haben seinen Fall mitbekommen, den Sündenfall der Menschen, die Sintflut, die Probe Hiobs und zuletzt, wie uns unser Bruder Gabriel hinterging und beinahe das Chaos auf Erden auslöste. Unsere Entscheidung nicht einzugreifen erwies sich als richtig und so wurde die Ordnung wiederhergestellt. Bis 3 Jahre später das Phänomen eintrat und die Hölle scheinbar uns die Schuld daran gab. Sie müssten es besser wissen, niemand von uns darf direkt eingreifen. Zu diesem Zweck haben wir nun eine Versammlung einberufen, um zu klären wie es zu diesem Vorfall gekommen ist und wer so etwas auslösen konnte.